Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos ­fortlaufender Rechnungsnummern bei Einnahmen-Überschussrechnung

Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos ­fortlaufender Rechnungsnummern bei Einnahmen-Überschussrechnung

Das Finanzgericht Köln hatte über einen in der Praxis häufig anzutreffenden Fall zu entscheiden. Es ging um einen Unternehmer, der den Gewinn seines Gewerbebetriebs zulässigerweise mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. Im Nachgang zu einer steuerlichen Außenprüfung kam es im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer 2011 und 2013 zum Streit über Gewinnhinzuschätzungen. Im Kern ging es um die Frage, ob die Buchführung formell und sachlich ordnungsgemäß war, insbesondere ob Ausgangsrechnungen eine ordnungsgemäße (fortlaufende) Rechnungsnummer enthalten müssen. Die vom Stpfl. erstellten Ausgangsrechnungen enthielten eine eindeutige und einmalig vergebene Nummer, jedoch bezogen auf die vorhergehende Rechnung keine fortlaufende (numerisch um 1 oder eine andere feste Zahl erhöhte) Zahlenangabe. Die Nummer wurde vielmehr computergestützt durch eine Kombination aus Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt. Die Rechnungsbeträge wurden vom Stpfl. ganz überwiegend über die benannten Girokonten vereinnahmt; unter 2 % des Gesamtumsatzes wurden in bar vereinnahmt. Für in bar vereinnahmte Beträge erteilte der Stpfl. Quittungen.

Die Betriebsprüfung sichtete – neben anderen unstreitigen Prüfungsfeststellungen – auch die Rechnungen sowie die auf den Erlöskonten verbuchten Beträge. Konkrete Anhaltspunkte für nicht erfasste Einnahmen stellte die Betriebsprüfung nicht fest. Auf Grund der bloßen Angabe von Buchungsnummern auf den Rechnungen bei gleichzeitigem Fehlen eines lückenlosen numerischen Systems von Rechnungsnummern vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei und dieser auch sachlich schwerwiegende Fehler eine Hinzuschätzung rechtfertige. Auch bei einer Gewinnermittlung durch Überschussrechnung setze das Gesetz eine Einzelaufzeichnung der Einnahmen voraus. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdiene die Überschussrechnung das Vertrauen. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gälten auch die Aufzeichnungspflichten des Umsatzsteuergesetzes. Der Grundsatz der Einzelaufzeichnung sehe die Vergabe einer (fortlaufenden) Rechnungsnummer vor, um die Vollständigkeit kontrollieren zu können. Eine ausdrückliche Rechnungsnummer enthielten die Rechnungen im Streitfall jedoch nicht. Die Buchungsnummer entspreche diesen Anforderungen auch nicht, weshalb in jedem Streitjahr als griffweise bemessener (Un-)Sicherheitszuschlag eine Gewinnerhöhung von jeweils 4 000 € vorzunehmen sei.

Das Finanzgericht Köln entschied jedoch mit Urteil vom 7.12.2017 (Aktenzeichen 15 K 1122/16), dass eine gesetzlich konkretisierte Pflicht zur Vergabe einer nicht bloß einmaligen, sondern zudem (z.B. numerisch) fortlaufenden lückenlosen Rechnungsnummer sich aus den umsatzsteuerlichen Vorschriften zur Aufzeichnungspflicht sowie aus den Ordnungsvorschriften der Abgabenordnung für die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nicht herleiten lässt. Dies alleine berechtigt nicht zur Erhöhung des Gewinns durch Schätzung eines Unsicherheitszuschlags. Auch aus den umsatzsteuerlichen Vorschriften kann keine Vergabe einer lückenlosen fortlaufenden Rechnungsnummer für ertragsteuerliche Zwecke hergeleitet werden.

Im Streitfall ergaben sich insbesondere auch keine sonstigen Anhaltspunkte, die eine Hinzuschätzung hätten gerechtfertigt erscheinen lassen. Die in der Betriebsprüfung vorgelegten Aufzeichnungen (Rechnungen, Kontoauszüge, Buchungsunterlagen, Quittungen über Bareinnahmen) waren geordnet und nicht erkennbar unvollständig. Konkrete Anhaltspunkte für nicht oder falsch erfasste Betriebseinnahmen, fehlende Rechnungsstellung, fehlende Vorlage erteilter Rechnungen oder ungeklärte Zuflüsse auf dem Girokonto oder in bar hat die Betriebsprüfung nicht benannt und sind auch vom Gericht nicht feststellbar. Konkrete Feststellungen zu Fehlern in den Buchungsnummern, z.B. doppelt oder nicht vergebene Buchungsnummern, lagen ebenso nicht vor. Es lagen auch (unabhängig von der Frage, ob allein dies zur Hinzuschätzung berechtigen würde) keine Verprobungen durch Geldverkehrsrechnung, Vermögenszuwachsrechnung oder (internen/externen) Betriebsvergleich vor, die Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Stpfl. gemachten Angaben bieten.

Hinweis:

Essenziell bei einer Einnahmen-Überschussrechnung ist die Möglichkeit der Vorlage geordneter und vollständiger Belege. Nach der Rechtsprechung rechtfertigen auch Lücken in den Rechnungsnummern nur im Ausnahmefall eine Hinzuschätzung zum Gewinn. Dennoch sollte eine Übersicht über die vergebenen Rechnungsnummern erstellt werden bzw. bei Lücken im Nummernsystem z.B. wegen Stornierungen oder Eingabefehlern die Lücke und der Grund für deren Entstehung dokumentiert werden.